Dienstag, 27. April 2021

Dousnbier Cup Vol. 2: Playoff Time Baby

Wenn man eines aus der Historie der Playoffs gelernt hat, ist es, dass man einerseits weniger Geld für Kosmetikartikel ausgibt und dass man vorteilhafterweise nicht mehrere Male hintereinander verliert.

In der Best of 3 Runde standen sich die Ducks gegen die Golden Knights sowie die Kings gegen die Jets gegenüber. In der Gruppenphase ertrank sich Vegas den Bierbonus, welcher dann sofort seinen Einsatz fand. Mit anderen Worten führten die Gastgeber bereits 1-0 in der Serie. Pustekuchen für die bisher sehr souverän agierenden Ducks. Nach einem torlosen ersten Drittel erkämpften sich die Hausherren eine 5-1 Führung. Die weiteren Torfolgen waren 5-3, 8-3, 8-5 bis Anaheim den Turbo zündete und plötzlich 6-7 führte. Dann kam der alles entscheidende +3 Money Puck.

Wer jetzt eine disziplinierte und abwartende Taktik erwartete, war weiter von der Wahrheit entfernt als die Sonne vom Uranus. High Noon, die Cowboys lachten, die Kavallerie stürmte. Hüben wie drüben präsentierten sich für beide Teams Grosschancen, um den Sack endlich zu zumachen. Der offene Schlagabtausch trieb die Herzfrequenzen der Protagonisten auf ein Allzeithoch. Würde Vegas die Überraschung perfekt machen und ins Finale einziehen oder würden die Ducks ein Spiel 3 erzwingen? Und warum eigentlich musste ich mir jede Bierdose selber holen? So kam es, wie es ein von Hitchcock geschriebenes Drehbuch eben vorsieht:  Anaheim warf Mann und Maus nach vorne und fand sich in einer 2 vs 1 Situation wieder. Sämtliche Zuschauer waren in diesem Moment entweder stehend oder bewusstlos. Oder beides. Querpass, Schuss… save. Die Golden Knights konterten sofort und verwandelten diese goldene Opportunität humorlos. Tor, 9-7, Sieg. Vegas feierte den Finaleinzug.

Die andere Halbfinalpaarung verantwortete mehr Herzstillstände als ein Nacktfoto von Monica Bellucci. Mit 12-10 gewannen die Jets den Auftakt. In Sachen Spektakel und Spannung würde dieses Offensivinferno jeden Film von Christopher Nolan in den Schatten stellen. Spiel 2 ging relativ rasch an die Kings. Das Entscheidungsspiel wurde Tatsache. Vielleicht, aber nur vielleicht, wurde die Welt Zeuge des besten NHL Three’s Spiel aller Zeiten. Nur die wenigsten Liebesbeziehungen zwischen Menschen sind intensiver als dieses Duell der Giganten. Ein ewiger und epischer Kampf biblischen Ausmasses führte dazu, dass die Spieler während des Fights mit Bier versorgt werden mussten. SOS! Spieler, Funktionäre, Fans und Owner drehten vor Erschöpfung im roten Bereich. Für einmal war die Spannung regelrecht unerträglich. Sagenhaft. Einfach nur schön. Doch auch anstrengend.

Niemand kann mit Gewissheit sagen, wie oft sich die Kings zurück in die Begegnung boxten. Keiner von beiden verteilte Geschenke, jeder Hit wurde mit einem noch härteren Check beantwortet. Den Zuschauern frohlockte ein Abnützungskampf, wie man ihn sonst nur bei Mario Kart zu Gesicht bekommt. Trotzdem verstanden es beide Teams, ein Offensivfeuerwerk zu zünden. Fast wie abgesprochen fielen die Tore auf beiden Seiten im Gleichschritt. Man hatte schon lange die geforderte Marke von 9 Toren durchbrochen, aber noch lag keine Mannschaft mit 2 Toren in Führung. Bis am Ende ein +2 Moneypack für die endgültige Entscheidung sorgen musste. So kam es: Doppelpass Scheifele und Dubois, Schuss…

Das Stadion auf der Glattalp explodierte. Winnipeg bebte. Neil Young lächelte. Nur das Maskottchen Sarah weinte. Die Jets rangen die Kings nieder und zogen erneut ins Grand Finale.

Währenddessen sicherte sich Tampa Bay den 5. Platz im Platzierungsspiel gegen Toronto. Die Ducks besiegten die Kings und beendeten das Turnier als dritter.

Die beiden Teams, die sich beim Eröffnungsspiel gegenüber standen, sollten nun den Dousnbier Cup beenden. Der Kreis schloss sich. Diese Erkenntnis startete einen sekundenlangen Diskurs über Schicksal, Sinn des Lebens und warum rote Socken nicht zu grünen Unterhosen passten. Mit Schmackes startete der Gastgeber den heissen und ewigen Tanz bzw. Kampf um die Trophäe und brachten den Titelverteidiger in arge Bedrängnis. Reine Propaganda: Die Golden Knights verprügelten die Jets in Spiel 1 und setzten ein gigantisches Ausrufezeichen. Von den Rängen regnete es Blumen und Casinochips. Die kanadische Regierung erklärte daraufhin den Amerikanern den Krieg, doch im letzten Moment erinnerten sie sich an das alte Hockeysprichtwort: „There’s always next game“. (gelogen – aber immerhin konnte ein Konflikt verhindert werden)

Dass sich die Jets im zweiten Spiel aggressiver präsentierten, hätte wohl auch ein auf einer einsamen Insel ausgesetzter geistig verwirrter Mann gewusst. Mit Leidenschaft, Kampf und Gewalt schlug das Imperium zurück und schoss sich den Frust von der Seele. 1-1 in der Serie.

Dann folgte Game 3: In einem schnellen Spiel voller Chancen auf allen Seiten (sogar der Schiri hätte vier Kisten erzielen können, ja müssen!) waren es die Herren aus Winnipeg, die zuerst reüssierten. Reaktion? Die Hausherren holten ein 0-3 sowie 3-6 auf, führten dann plötzlich 6-4 mit einem +2 Money Puck im Spiel. Beide Teams schenkten sich absolut nicht – nicht einmal die obligatorischen Mannschaftswimpel vor der Partie oder hi und da ein Taschentuch, nix, nada. Winnipeg musste reagieren und brachte Dubois in der Pause. „Kann dieser Typ was?“ erschallte es im Hintergrund. Im daraufhin hart umkämpften und ewigen Duell sollte es Dubois sein, der den Ausgleich einleitete und später den entscheidenden Puck im Netz versenkte. Die Jets lagen in der Serie 2-1 vorne und brauchten nur noch einen Sieg.

Wie eine Zombieapokalypse brachen die Golden Knights über die Jets in Game 4 herein. Diese Dudes waren noch lange nicht besiegt und standen nach jedem Torerfolg der Jets wieder auf. So kam es, wie es eben in einer guten Geschichte kommen muss: MaxPac verwandelte einen +3 Money Puck und zwang die Jets zu Überstunden. Das alles entscheidende Spiel 5 war Tatsache. Eine unglaublich heftige Serie, dieses Breaking Bad, aber auch die Spiele zwischen den Protagonisten waren nicht schlecht und wussten zu gefallen.

Die Stimmung war grandios, die Fans feierten ausgelassen und auf der ganzen Welt bibberten sämtliche Menschen, Tiere, Pflanzen und Abfallberge der Belle entgegen. Was trieben die Athleten kurz vor dem ersten Bully? Sie tranken einen Vodkashot, natürlich. What else? Kaffee zur späten Stunde wirkt sich schliesslich negativ aufs Schlafverhalten aus.

Für diesen Teufelsritt schnallten sich alle, inklusive Eismeister, an. Im Spiel um Leben und Tod legte die Heimtruppe gleich vor. 4-2 nach wenigen Zeigerumdrehungen. Plötzlich lagen die Jets mit 6-5 in Front und am Horizont tummelten sich lauter +2 Moneypucks. Das Spiel entwickelte sich zu einer noch intensiveren Schlacht. Jeder Check wurde mit böser Absicht vollendet. Mit jeder verstrichenen Minute erinnerte das Finale an das Duell zwischen Rocky Balboa vs Apollo Creed. Aber wer war wer? Zwei taumelnde Giganten in einem kräftezerrenden Krieg, stehend K.O., und doch dem Triumph so nahe.

Schlagartig führte der Gastgeber 7-6 und die nächste Scheibe zählte doppelt. Der war Sieg greifbar. Doch, wie so oft an jenem Tag, reagierten die Jets sofort und verwerteten den unmittelbar folgenden Scheibenbesitz. 7-8 und Matchball Jets. Wiederum ein +2 Pögg im Einsatz. Zägg, boom tönte es urplötzlich. Krawall, Aufregung, Orientierungslosigkeit. Was war geschehen? Draussen rauchte ein alter Manns eine Pfeife und hatte anscheinend keinen Tabak dabei. Das nachfolgende Fluchkonzert übertönte fast die grandiose Atmosphäre im Stadion auf der Glattalp. Und dann legten die Golden Knights vor 9-8. Matchball Vegas. Anspiel, zwei Sekunden später, Ausgleich Jets.

Jetzt drückten die Kanadier aufs Gaspedal. Tor, Goal… 10-9. Stone glich wiederum fast postwendend aus.

Der reinste Wahnsinn! Das Gezeigte entlockte selbst dem sonst eher besonnenen Kommentator aus Ghana ein „fucking great“. Das Entscheidungsspiel schien endlos zu sein. Die Kräfte schwanden, die Körper waren schon längst am Limit, nur der Wille zwang die Kämpfer weiterzumachen.

Wie Brüder teilten sich die Teams abwechselnd den Torerfolg – bis zum ominösen 2+ Moneypuck. Die Stadionanzeige signalisierte ein 11-10 zugunsten des Titelverteidigers. Der nächste Matchpoint präsentierte sich auf dem Silbertablett. Noch einmal kurze Pause. Noch einmal 30 Sekunden am Beatmungsgerät verbringen. Noch einmal beten. Baby Yoda war dabei und segnete die Jetsgladiatoren mit der Macht. Vegas entschied das Face Off für sich und erspielte sich sogleich zwei dicke Möglichkeiten. Kein Vorspiel, kein Abtasten, beide Teams gingen all in.

Für eine kollektive Schrecksekunde sorgte dann ein fast Eigentor von Scheifele. Der hervorragende Schlussmann Hellebuyck stoppte die für eine Sekunde freistehende Scheibe auf der Linie. Uff.

Wie Unterwasser wähnten sich die Fans, Spieler und Betreuer seit vielen Minuten, hatten doch einige glatt vergessen, zu atmen und hielten die Luft seit geraumer Zeit an. Nach rund 20 Minuten, vielleicht waren es auch vier Stunden oder fünf Tage, droschen Scheifele und Wheeler überfallartig vor.

Scheifele‘s Querpassversuch vor dem Gehäuse prallte vom Stock eines Verteidigers zurück, worauf er die Vorlage dankend annahm und abdrücke. Der Keeper war zur Stelle, konnte den Puck aber nicht festhalten. Den daraus resultierenden Rebound lag dann völlig frei vor Scheifele, welcher - schliesslich sind aller guten Dinge drei - die Scheibe ins Tor bugsierte. Tor! Jubel! Winnipeg in Ekstase. Der Champion wankte, fiel aber nicht und verteidigte den Titel.

Was für eine intensive Serie, was für ein Spektakel, was für ein Tag! Dousnbier Cup eben, hier werden Legenden geboren.

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