Dass ich nicht mehr alle Frauen und Männer, die sich
durchaus mit harter Musik zu vergnügen wissen, direkt wieder ins Tal der Tränen
bugsiere, folglich eine kurze und knappe Erwähnung der Hiobsbotschaft: das
HarVest 2016 war das letzte seiner Art. Ein HarVest 2017 wird nicht
stattfinden.
Aus diesem Grund möchte ich eine Beschreibung der Ereignisse
schriftlich für die Nachwelt festhalten. Da die Anwesenheit meiner Wenigkeit
am Freitag, 12.08.2016, anderswo vonnöten gewesen war – sprich ich musste kurz
die Welt retten - trudelte ich erst am
Samstag, 13.08.2016, im schönen Muotathal ein.
Jener Samstag war einer derjenigen Tage, an denen man sich
wünscht, man wäre in einer Zeitschleife gefangen und könnten das Geschehene
immer und immer wieder erleben.
Obwohl ich die meisten Leute nur flüchtig kenne oder bloss
zwei Mal im Jahr zu Gesicht bekomme, war auch jene Reise ins Thal wie eine Art
Homecoming. Die gewohnt witzige und friedliche Atmosphäre, das gewohnt sonnige
Wetter, das mehr als flüchtig bekannte Eichhof und Musiktalente auf der Bühne,
die mit ihrer Leidenschaft unzählige Knochenbrüche und Verstauchungen direkt
fördern und mit ihrer Power für ein Wochenende alle persönlichen Sorgen und der
ganze Wahnsinn auf Erden wegblasen. Nicht zu vergessen die Legenden und Fausä
unter den HarVest-Besuchern.
Kurzum: Man fühlte sich auf Anhieb wohl. Wie immer.
Die Urner (mit LU Sänger) von Blow Job hämmerten bei
gefühlten 66.6°C im Musikzelt pünktlich um 15.00 Uhr auf den Putz. Schade, dass
viele Headbanger entweder noch die Vornacht auskurierten, sich draussen an der
frischen Luft in Sicherheit wiegten oder in der Nacht von Waldtrollen
verschleppt wurden und sich demnach (noch) fernhielten. Die harten Klänge
amüsierten die trotzdem vor der Bühne versammelte Meute sichtlich.
Als Verantwortlicher für das HarVest-Journal hat man
bekanntlich nie Ferien und als Nebenaufgabe fühlt man ab und an den Bands vor
und nach den Gigs jeweils auf den Zahn. Die gut gelaunten Jungs von Blow Job
waren für Fotos und Gespräche zu haben. Besten Dank noch einmal an dieser
Stelle für das geile Shirt! Trotz Verlust von ca. 10 l Körperflüssigkeiten
(insert Wortspiel mit Blow Job) zelebrierten die von Spongebob geführte Truppe
akustische Orgasmen. Funfakt: Die am meisten gegoogelte Band aller Zeiten.
Anschliessend folgte ein streng geheimer und stundenlanger
Aufenthalt im Backstagebereich. Anders als etwa die im Film Detroit Rock City
angedeutete Action im damaligen Backstagebereich fehlten im Thal die eine oder
andere würzige Zutat zur Vollziehung von bekannten und ominösen Skandälchen.
Die Videointerviews mit Final Cut waren so was von Weltklasse.
Leider sind die extrem unterhaltsamen und erheiternden Aufnahmen zu pikant für
den öffentlichen Raum – die Vertragsverhandlungen mit 2 Pay-TV-Sendern läuft
auf Hochtouren. Ich ziehe meinen Hut vor den Jungs von Final Cut – musikalisch
hochtalentiert, aber menschlich nicht weniger hochkarätig. Einfach geili sieche
sindr.
Zahlreiche Erfrischungen, Diskussionen mit
Festivalbesuchern, Verpflegungen, Sprüche und HI 5s später startete die Jungs
von Piranha ihr Feuerwerk. Im Vorfeld trafen die Songs auf ihrer Page genau
meinen Nerv, weswegen ich unheimlich gespannt auf ihren Liveauftritt wartete. Boom,
mitten in die Fresse rein! Das reinste Freudenfest. Oldschool-Groove à la Bay
Area, Riffs schärfer als jeder Piranhazahn
und eine Stimme, die sogar Lucifer nachts Albträume bereiten würde. Eines
meiner persönlichen HarVest-Highlights nicht nur an diesem, sondern über die
letzten 5 Jahre gesehen. Leute, gewährt dem Universum einen letzten Wunsch,
geht ins Studio und veröffentlicht Eure Scheibe – bevor Euer Sound den ganzen
Kosmos sprengt.
Apropos Weltraum, der hellste Stern am Deutschen Talenthimmel
ist derzeit wohl Dust Bolt. Wer sich die Ankunft der Newcomer gedanklich in einem
Cadillac Escalade mit Fahrer, vielen Bodyguards und amüsanter Gesellschaft ausmalte,
hat einen Sprung in der Schüssel. Die Herren aus Bayern nahmen das Steuerrad
selbst in die Hand und cruisten durch die Schweiz.
Die erste internationale Nummer an einem HarVest bestach
schon vor dem Auftritt mit ihrer lockerer und sympathischen Art. Unvergesslich
bleiben die Videointerviews – wenn Dust Bolt eines Tages um die Welt jettet und
grosse Arenen füllt, zeigen Cornel Suter und ich unseren Kindern die
beschriebenen Videoaufnahmen, nur um anzugeben „xender, die säbe känni de scho“.
Völlig perplex sitze ich jetzt vor dem PC und wundere mich,
wie und warum zur Hölle die Berge rund um die Balm nach der Liveschlacht von
Dust Bolt noch stehen?
Ein gigantischer Angriff auf Seele und Körper brach sofort
jeden Widerstand, über die Tonkunst der Protagonisten ein negatives Urteil zu
fällen. Die Show offenbarte, warum die
euphorische Begeisterung von Fans und Kritikern zu Recht wächst und wächst. Holy
Shit war das geil! Bis zum nächsten Gig in der Schweiz!
Jetzt brauchte ich
definitiv eine Pause. Danke an die Herren am Grill für was exquisite
Schnitzelfleisch. Die Sauce war extravagant.
Weitere Interaktionen mit dem Publikum waren göttlich. Die
Kampagne für BMT, Diskussionen über die Verwandlung und Akzeptanz innerhalb der
Gesellschaft, Blink 182 und der ganze Gesprächsstoff, der hier nicht genannt werden will. Beer,
Metal, Rock’n’Roll halt. Korrektur: HarVest halt.
Erst kurz vor dem letzten Auftritt fand ich den Weg zurück
ins Zelt. Final Cut zerlegten Zelt, Bar und HarVestbesucher. Hart aber
herzlich. Die Atmosphäre war laut, ausgelassen und auf dem Höhepunkt der menschlichen
Evolution. Mit Herzblut, Passion und
kompromissloser Musik verzauberten sie das HarVestpublikum zum allerletzten
Mal. Ein grosser und würdiger Abschluss eines beispiellosen Festivals.
Vielen Dank an alle Besucher, Musiker, Helfer, Gönner, Unterstützer
und allen voran Piri für die Organisation! Mit Wehmut, aber auch Freude, schaue
ich auf 5 HarVest voller Anekdoten und wunderbaren Erinnerungen zurück. It’s been a hell of a ride.
PS: Der einzige negative Punkt war der Umstand, dass ich nicht alle Bands live erleben durfte/konnte. Nidhoeggr, Final Crusade,
Abinchova, Excruciation... see ya another time!