Dienstag, 19. Juni 2018

WM-Blog: VARscheinlich

Ai ai ai… welche haarsträubenden Überraschungen die erste WM-Woche für uns bereithielt. Holy shit. Wer hätte gedacht, dass im Stadion selbst kein Maisgoldbier zum Verkauf angeboten wird? Oder, dass nicht in allen Toiletten die russische Nationalhymne als Endlosschleife läuft? Ach ja, Mexiko besiegte Deutschland 1-0. Die Wikinger von Island räuberten und plünderten sich durch die argentinische Platzhälfte und nahmen sich einen Punkt mit.

C. Ronaldo erwachte aus seinem Tiefschlaf und ballerte Spanien im Alleingang zu einer Punkteteilung. Fairerweise bleibt anzumerken, dass Spanien liebevoll ohne Torwart auftrat. Nichtsdestotrotz war das unterhaltsame 3-3 bislang das grosse Highlight an diesem Turnier. Oder der 1-0 Sieg von Mexiko. Oder der Auftritt von Dani Gwerder im Boten der Urschweiz.

Die Petkovic-Elf trotzte dem haushohen Favoriten aus Brasilien ein beachtliches 1-1 ab. Aus Sicherheitsgründen darf ich an dieser Stelle keine weiteren Worte mehr über den Kick verlieren.

Frankreich agierte gegen die aufopferungsvollen Australier lange Zeit Lust- und Inspirationslos. Trotz 2-1 Minisieg war die Leistung ein Indiz für die prophezeite Divenhaftigkeit der Grand Nation. Trotzdem: Deutschland und Frankreich verfügen über genügend Ressourcen und Qualitäten, um jeden Gegner in Grund und Boden zu spielen.

Eine revolutionäre Änderung an dieser WM ist die Einführung von russischen Cheerleader. Nebenbei wird dem Schiedsrichter auf dem Platz neu Hand geboten und Hilfe in Form von Video Assistant Referees (VAR) gewährt. Jedes WM-Spiel wird durch einen Video-Assistenten in einem separaten Darkroom mit vielen Bildschirmen und Knöpfen (und weiteren Assistenten) verfolgt. Sollte der Schiri auf dem Platz wieder einmal Tomaten auf den Augen haben und irgendwelchen Stuss zusammenpfeifen, melden sich der VAR und interveniert bei klaren Fehlentscheidungen. Dem Schiri wird die Möglichkeit eingeräumt, die besagte Szene an einem Bildschirm erneut anzuschauen und seinen Entscheid allenfalls zu revidieren.

Der VAR darf in folgenden Situationen eingreifen:
1. Tore. Sämtliche Tore können auf widerrechtliche oder irreguläre Aktionen überprüft werden: bspw. Foul, Hands oder Abseits.
2. Rote Karten. Wie bei einem Zauberer dürfen rote in gelbe Karten (oder umgekehrt) verwandelt werden.
3. Penalty-Szenen. Bei strittigen Szenen kann der Schiri nachträglich einen Penalty pfeifen oder den Penaltyentscheid zurücknehmen.
4. Spielerverwechslung. Wenn der Schiri den falschen Mann vom Platz stellt.
5. Armageddon. Wenn sich die Menschheit gegenseitig mit nuklearen Sprengköpfen ausradieren möchte, interveniert Skynet und führt die Raketenangriffe selbst aus.

Wichtig: Der Schiri auf dem Platz hat die Entscheidungskompetenz und das letzte Wort. Er alleine entscheidet. Die Linienrichter sowie das VAR-Team geben nur Inputs. Wer also eine künstliche Intelligenz hinter VAR vermutete, wie etwa HAL 9000 in 2001: a Space Odyssey, wird enttäuscht. Wenn die neue Technologie aus dem Ruder läuft, dann aufgrund von menschlichem Wahnsinn.

Auf Rückfragen, wann die Frist zur Intervention durch den VAR abläuft, wollte sich kein Funktionär öffentlich äussern. Was passiert, wenn einem Verantwortlichen z.B. im Dezember 2018 ein nicht gegebener Handelfmeter vom Eröffnungsspiel ins Auge springt? Müssen sich die Spieler für die besagte Szene noch einmal aufstellen und den Penalty durchführen? Was, wenn ein paar Kicker bereits in den Ferien weilen oder sonst keine Zeit finden? Russland im Winter soll bekanntlich kühl sein.

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